top of page

VALIDIERUNG FRÜHEREN LERNENS IN FINNLAND

Finnland ist eines der wenigen europäischen Länder, das über etablierte Systeme und nationale Richtlinien zur Durchführung von Validierung informellen und nicht formellen Lernens (früheren Lernens) verfügt. Im öffentlichen und im freiwilligen Sektor wurde eine Reihe von Validierungsinitiativen gestartet und der private Sektor wie auch die Sozialpartner sind in die Planung und Entwicklung dieser Initiativen involviert. 

Gute Beispiele für die Implementierung kompetenzbasierter Qualifikationen in Finnland sind das nationale Zertifikat über die Sprachkompetenz und der Computerführerschein. Auf diese Weise werden Kompetenzen und Fähigkeiten, die außerhalb des formalen Ausbildungssystems akquiriert wurden, anerkannt.

 

Berufliche Aus- und Weiterbildung für Erwachsene  

Die berufliche Aus- und Weiterbildung zielt sowohl auf Arbeitnehmer als auch auf Arbeitslose ab. Aus- und Weiterbildung, die speziell für Erwachse entwickelt und organisiert wurde, ist für die gesamte Zielgruppe verfügbar. Ältere Studenten können dieselben beruflichen Qualifikationen erwerben wie junge; sie müssen sich lediglich bewerben. Erwachsenenbildung wird auch vom Staat unterstützt. Sie wird in Berufsbildungseinrichtungen und vermehrt auch am Arbeitsplatz und virtuell angeboten. Die Erwachsenen können alle Arten von beruflichen Qualifikationen erwerben und darüber hinaus auch Spezialqualifikationen und kompetenzbasierte Qualifikationen.

In der Hochschulbildung kann man unterschiedliche Titel erwerben. In Fachhochschulen werden ebenso Mastertitel verliehen, die auf die Bedürfnisse der Arbeitswelt ausgerichtet sind. Im Hochschulbereich kann man einen neuen Titel in einem kürzeren Zeitraum erwerben, wenn man bereits über einen Universitätsabschluss verfügt. Hier werden auch Spezialisierungskurse und vertiefende Studien für Absolventen wie auch Fernstudien angeboten.

Kompetenzbasierte Qualifikationen für Erwachsene 

Kompetenzbasierte Qualifikationen werden in Finnland am häufigsten validiert. Sie können unabhängig davon verliehen werden, wie und wo die Fähigkeiten und Kenntnisse akquiriert wurden, da sie in offiziell anerkannten Tests demonstriert werden müssen. Das derzeit bestehende Qualifikationssystem wurde 1994 durch die Implementierung des Vocational Qualifications Act 306/1994 etabliert und ist nun Teil des 1998 Act on Vocational Adult Education. Es wurde durch das National Board of Education in enger Zusammenarbeit mit Arbeitsmarktorganisationen und Lehrern erarbeitet. Nun ist es möglich, kompetenzbasierte berufliche Qualifikationen, weitergehende oder spezielle berufliche Qualifikationen oder nur Teile davon zu akquirieren. Die Popularität kompetenzbasierter Überprüfungen hat sich seit ihrer Einführung rasch erhöht und nimmt eine herausragende Rolle im finnischen Bildungssystem ein.

Zurzeit gibt es beinahe 380 unterschiedliche Qualifikationsbezeichnungen. Nahezu 90.000 kompetenzbasierte Qualifikationen wurden während der ersten 10 Jahre des Bestands des Systems verliehen. Neueste Statistiken zeigen die anhaltende Beliebtheit des Systems. So wurden zum Beispiel 2013 33.168 kompetenzbasierte Qualifikationen verliehen, zwischen 1995 und 2013 sogar insgesamt 418.699.

Von älteren Studenten wird erwartet, dass sie die erforderlichen beruflichen Fähigkeiten v.a. anhand von Arbeitsaufgaben aus dem echten Leben demonstrieren können. Sie absolvieren oftmals ein vorbereitendes Training, bei dem sie mehr über die notwendigen Fähigkeiten lernen. Eine kompetenzbasierte Qualifikation befähigt zur Ausführung praktischer Arbeitsaufträge in schriftlicher oder mündlicher Form. Die bestehenden Kompetenzen und Kenntnisse der Studenten werden berücksichtigt. Von Studenten, die eine kompetenzbasierte Qualifikation erwerben wollen, wird normalerweise erwartet, dass sie sich direkt bei der von ihnen anvisierten Bildungseinrichtung bewerben. Es ist weiters auch möglich, kompetenzbasierte Weiterbildung am Arbeitsmarkt zu absolvieren.

 

Die Anerkennung früheren Lernens ist Teil des Bewerbungsprozesses und des zu erstellenden persönlichen Studienplanes während der Einschreibungsphase. Der Erwerb kompetenzbasierter Qualifikationen unterliegt Regeln und Verordnungen, die in ganz Finnland gelten. Der Trainingsanbieter muss sicherstellen, dass Studenten, die eine kompetenzbasierte Qualifikation erwerben möchten, Beratung und andere Dienstleistungen und Unterstützungen erhalten, um einen persönlichen Studienplan erstellen zu können für 1) eine Bewerbung zum Erwerb der kompetenzbasierten Qualifikation und das darauf vorbereitende Training, 2) den Erwerb der kompetenzbasierten Qualifikation und 3) die Akquisition der dafür notwendigen beruflichen Fähigkeiten.

 

Bei einer Beratung während der Einschreibungsphase lernt man sich selbst besser kennen, lernt seine Fähigkeiten zu identifizieren, die für den Erwerb der Qualifikation notwendigen Informationen aufzufinden und die richtigen Studienentscheidungen zu treffen. Ziel der Beratung ist es, diejenige Qualifikation und die erforderlichen Lernarrangements zu identifizieren, die den Bedürfnissen des Bewerbers auf die bestmögliche Art entsprechen. Alle Berater sollten mit der Arbeitsplatzkultur vertraut sein und über die operationalen Prozesse Bescheid wissen, um eine optimale Beratung hinsichtlich des Erwerbs der Qualifikation bereitstellen zu können. Die Bewerber benötigen oftmals Beratung und Unterstützung beim Lernen. Um allfällige Sprach- und Lernschwierigkeiten berücksichtigen zu können, sollten sie von Anfang an identifiziert werden. Im Stadium der Einschreibung wählt der Bewerber eine entsprechende Qualifikation zusammen mit dem Arbeitgeber, der Institution, die die kompetenzbasierte Qualifikation arrangiert und der Weiterbildungseinrichtung aus. Der Bewerber sollte allerdings das letzte Wort bei der Auswahl der Qualifikation haben, alle anderen sollten nur beratend tätig sein.

 

Während der Phase, in der die Fähigkeiten, die für die kompetenzbasierte Qualifikation erforderlich sind, akquiriert werden und danach, wird der Student vom Vortragenden während der Vorbereitungsphase, Berufsberatern der Bildungseinrichtung, etc. unterstützt. In der Einschreibungsphase scheint die Verfügbarkeit von Beratung allerdings eine Menge zu wünschen übrig zu lassen. Personalisierte Studienpläne werden nicht vor dem Auswahlinterview oder dem Beginn des vorbereitenden Trainings erstellt, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bewerber bereits ausgewählt wurde. Diverse Stellen versuchen, Beratung und Orientierung während der Auswahlphase anzubieten, es mangelt ihnen aber oftmals an ausreichenden sektorspezifischen Informationen. Beratungs- und Orientierungsdienstleistungen, die während der Einschreibungsphase bereitgestellt werden, wie „Tür zu Lernservices“ liefern kompetente und relevante Beratung. Erwachsenenbildungseinrichtungen stellen auch Beratung bereit, wenn sich der Bewerber an sie wendet, da sie über eine wachsende Anzahl an Beratungsspezialisten verfügen.

Lesen Sie mehr! 

bottom of page